Ohne die Lagerung in Eichenfässern wäre Whisky nur ein klarer Gerstenbrand, ähnlich einem deutschen Korn oder einem (Getreide-)Wodka. Erst die Lagerung im Eichenfass verleiht dem Whisky Charakter, Geschmack, Aroma und Farbe.
Wer also seinen eigenen Whisky herstellen möchte, der benötigt unbedingt ein Eichenfass um ihn darin reifen und perfektionieren zu können.
Die Auswahl an Eichenfässern ist groß, doch längst nicht alle sind geeignet dafür, Whisky, und natürlich auch andere Spirituosen wie Rum, Cognac, Weinbrand, Grappa oder Tequila, aber auch Wein oder Sherry, darin zu veredeln und zu reifen. Die meisten dieser Fässer taugen nämlich allenfalls als Dekorationsobjekte.
Doch welche Eichenfässer sind nun wirklich dafür geeignet, Whisky darin zu lagern, zu reifen und zu veredeln?
Seit wann wird Whisky im Eichenfass gelagert?
Hochprozentige alkoholische Getränke werden schon seit dem 11. oder 12. Jahrhundert in Fässern gelagert. Vermutlich wurde diese Methode in Frankreich oder in Spanien das erste Mal angewandt und zwar bei Weinbrand, also destilliertem Wein. Durch das Abfüllen in Fässern ließen sich die Getränke besser und effizienter lagern und transportieren. Außerdem war der Rohstoff Holz billig und reichlich vorhanden und neue Fässer konnten verhältnismäßig einfach hergestellt werden. Weinbrand wurden also wie Wein, gepökeltes Fleisch, Salzfische, Schießpulver. Nägel und so ziemlich alle anderen losen Waren im Mittelalter in Fässer abgefüllt, um ihn besser lagern und transportieren zu können. Als quasi willkommener Nebeneffekt veränderte die Fasslagerung auch gleich noch die Spirituose. Das Holz der Fässer verlieh dem Getränk Tiefe, Charakter, Geschmack, Aroma und Farbe, schliff dem Weinbrand die Ecken und Kanten ab und machte ihn weich, rund und süffig.
Die Vorteile der Fassreifung von Whisky war schon lange bekannt. Als King George IV im Jahr 1822 die schottische Hauptstadt Edinburgh besuchte offerierte man ihm einen Scotch Whisky aus Glenlivet, der lange Zeit in Fässern und unverkorkten Flaschen gelagert war und „mild wie Milch“ sein („long in wood, long in uncorked bottles, mild as milk“), wie man aus dem Buch „Memoirs Of A Highland Lady“ von Elizabeth Grant of Rothiemurchus entnehmen kann.
Whisky aus Schottland und Irland wurde dennoch bis ins 19. Jahrhundert hinein kaum gelagert. Stattdessen wurde er meistens relativ jung und frisch, oft meist direkt aus der Destille, getrunken. Die Lagerung von Spirituosen war teuer und Whisky, genau wie die meisten anderen gebrannten Schnäpse wie Gin, Korn, Genever oder Wodka wurden vorwiegend von der ärmeren Bevölkerung getrunken. Nur Reiche und Aristokraten konnten sich über Jahre gelagerte Spirituosen wie Cognac oder gespritteten Wein wie Sherry leisten.
Ein Schädling verändert die Whisky-Lagerung
Erst als in der Mitte des 19. Jahrhunderts die aus Nordamerika eingeschleppte Reblaus (Phylloxera) zuerst in Frankreich und später in ganz Europa bis zu 70% der gesamten Rebflächen für Wein vernichtete, geschah ein Umdenken. Die Oberschicht verlangte weiterhin nach milden, aromatischen Spirituosen und plötzlich waren Eichenfässer billig und in Hülle und Fülle verfügbar, weil der Brandwein, mit denen sie sonst gefüllt wurden, nicht mehr vorhanden war.
Findige schottische Whiskybrenner kauften daher die jetzt nutzlosen Eichenfässer auf, vor allem aus dem spanischen Jerez, in dem der berühmte Sherry hergestellt wurde. Die Fässer benutzen sie, um ihren Whisky darin zu lagern und zu reifen. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts hatte in Sherryfässern gereifter Scotch Whisky den spanischen Sherry als Lieblingsspirituose der europäischen Oberschicht überflügelt. Dennoch wurde ein Großteil der Whiskyproduktion nach wie vor hauptsächlich in Flaschen oder Tonkrügen abgefüllt und billig verkauft. Das änderte sich im Jahr 1915.
Der Krieg, Lloyd George und die „unreifen Spirituosen“
Der englische Politiker David Lloyd George (1863 – 1945), ab 1908 Schatzkanzler, ab 1915 Munitions-, im Sommer 1916 Kriegsminister und von Dezember 1916 bis Oktober 1922 britischer Premierminister, war ein strenger Antialkoholiker und Abstinenzler (engl. „Teetotaler“). Als Abstinenzler war ihm jede Art von Alkoholkonsum zuwider, gleichzeitig wusste er aber als Schatzkanzler auch um die Steuern, die der Alkohol in großen Mengen in die Staatskasse spülte. Als der 1. Weltkrieg im Jahr 1914 ausbrach, befürchtete er, dass der starke Alkoholkonsum der britischen Arbeiter- und Soldatenschaft den britischen Kriegsanstrengungen nicht zuträglich war. Betrunkene Arbeiter konnten keine Waffen und keine Munition herstellen und betrunkene Soldaten nicht gut kämpfen. Als Munitionsminister stellte er daher fest:
„Drink is doing more damage in the war than all the German submarines put together.“ (Das Trinken verursacht mehr Schäden im Krieg als alle deutschen Unterseeboote zusammen.)
Lloyd George schlug daher in seinem letzten Steuerhaushalt von Anfang 1915 vor, die Steuern auf Alkohol zu verdoppeln. Damit versuchte er, gleich zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Zum einen erhöhte oder zumindest gleichbleibende Steuereinnahmen, zum anderen sollten die Menschen, vor allem die aus der Arbeiterklasse, vom Trinken abgehalten werden, weil sie sich den Alkohol schlicht nicht mehr leisten konnten.
Dieser Vorschlag scheiterte, nicht zuletzt am Widerstand der Whisky-Brenner, vornehmlich der großen Brenner, die bereits eine Whisky-Industrie bildeten und damit eine politische Macht darstellten. Stattdessen einigte man sich schließlich im Jahr 1915 auf den Immature Spirits (Restriction) Act 1915 (PDF-Datei). Dieser schreib vor, dass Whisky zukünftig mindestens drei Jahre gelagert werden musste („No British or foreign spirits shall be delivered for Restriction on home consumption unless they have been warehoused for a period of at least three years“). Diese Regelung gilt bis heute.
Gut für die Großen, schlecht für die Kleinen
Da die allermeisten der großen Whiskybrenner jedoch bereits seit Jahren ihren Whisky in Fässern lagerten und reiften, waren sie von diesem Gesetz praktisch nicht betroffen. Betroffen waren nur die vielen Kleinbrenner, die es sich nicht leisten konnten, ihren Whisky vor dem Verkauf über Jahre zu lagern, da ihnen schlicht die Mittel und Möglichkeiten dazu fehlten. Dies führte zum Aussterben vieler kleiner Whiskybrennereien und sowohl Lloyd George als auch die Whiskyindustrie konnten den Immature Spirits (Restriction) Act 1915 als Erfolg verbuchen: Lloyd George, weil der Verkauf von billigem und schlechtem Whisky massiv zurück ging und die britische Arbeiterschaft und die britischen Soldaten dadurch weniger Alkohol konsumierten und mutmaßlich besser arbeiteten und kämpften und die großen Whiskybrennereien, weil sie ihren Whisky von nun an als teures Premiumprodukt anbieten konnten.
Von den etwa 130 schottischen Brennereien, die es vor dem vor dem Krieg gab, blieb daher fünf Jahre später nur eine Handvoll übrig. Der Rückgang hatte allerdings nur zum Teil mit dem Immature Spirits (Restriction) Act 1915 zu tun. Ein wesentlicher Grund hierfür war auch, dass im Jahr 1916 der Betrieb von Brennereien verboten wurde, die nicht vom Munitionsministerium lizensiert waren, dem Lloyd George bis 1915 vorstand. Eine Lizensierung war auch notwendig, um Getreide in Kriegszeiten effektiv rationalisieren zu können. Ein Exportverbot von Whisky im Jahr 1917 war ebenfalls ein Grund, wieso die kleineren Whiskybrennereien den 1. Weltkrieg nicht überlebten.
Warum wird Whisky im Eichenfass gelagert?
Whisky – und andere Spirituosen wie Cognac, Rum, Tequila oder Grappa, aber auch Bier, Wein, Salz, Fleisch, Fisch und andere Lebensmittel – wurden zunächst in Holzfässern gelagert, um die Waren besser lagern und transportieren zu können. Die Fässer ließen sich gut stapeln und waren robust genug, auch längere Transportwege unbeschadet zu überstehen. Wahrscheinlich wussten bereits die Kelten um 600 v. Chr. um die Kunst des Fassmachens aus Holzdauben. Sie lagerten und transportierten in diesen Fässern nicht nur Wein, sondern auch eingesalzenes Fleisch, Fisch, Getreide, Salz, Wasser und Bier.
Als quasi Nebenprodukt erkannten die Hersteller und Händler mit der Zeit, dass sich die im Fass gelagerten Getränke in Sachen Aroma und Geschmack zum Vorteil veränderten. Die Spirituosen wurden milder, runder und weicher.
Diese Veränderung und Verbesserung hat mit den Eigenschaften von Eichenholz zu tun, denn:
- Eichenholz ist porös, dadurch gelangt Luft in das Fass ein und kann mit der Flüssigkeit im Inneren reagieren.
- Eichenholz entfernt unerwünschte Aromen und strenge Noten des Getränks.
- Eichenholz gibt dem Getränk bestimmte charakteristische Geschmacksnoten. Diese hängen von der Art der Eiche ab. Europäische Eiche (Quercus robur) verleiht Noten von Trockenfrüchten, Säuren und dunkle Schokolade, amerikanische Weißeiche (Quercus alba) gibt Aromen von hellen Früchten, Vanille und Toffee.
Experten gehen davon aus, dass das Aroma und der Geschmack eines Scotch Single Malt Whiskies zu gut zwei Dritteln von der Lagerung im Eichenfass abhängig ist.
Was passiert bei der Reifung im Eichenfass?
Bei der Reifung im Eichenfass unterscheidet man drei verschiedene Arten der Reifung: Die subtraktive Reifung, die additive Reifung und die interaktive Reifung.
Subtraktive Reifung
Wer in Mathematik aufgepasst hat, kann sich schon ausmalen, was bei der sutraktiven Reifung passiert: Die alkoholische Flüssigkeit, die im Eichenfass gereift wird, verliert etwas, nämlich Geschmack. Das betrifft vor allem die unerwünschten Geschmackselemente des Destillats. Es verliert die metallische Schärfe, die es unmittelbar nach dem Brennen hat. Auch Bitternoten werden reduziert. Es dauert etwa fünf bis acht Jahre, bis alle unerwünschten Geschmackselemente vollständig abgebaut sind.
Ebenfalls Teil der subtraktiven Reifung ist der sogenannte Angels Share (Anteil der Engel). Dabei verdunstet ein Teil des ursprünglichen Alkoholgehalts der Spirituose an die Umgebungsluft. Dadurch kann ein Fass je nach klimatischen Verhältnissen 0,5 bis 2 Volumenprozente Alkohol pro Jahr verlieren.
Additive Reifung
Im Gegensatz zur subtraktiven Reifung gewinnt die Spirituose bei der additiven Reifung an gewünschtem Geschmack und Aroma. Der Alkohol im Fass dient als Lösungsmittel und löst Farbe, Geschmack und Aroma aus dem Holz, die sich dann im späteren Endprodukt wiederfinden. Diese Farb- und Aromastoffe sind abhängig von der Art und dem Alter des Holzes, vom Toasting und der Vorbelegung (s.u.) und von der Größe des Fasses. Bei der additiven Reifung gelangen zum Beispiel Holzaromen, aber auch Vanille- und Karamellaromen sowie, je nach Intensität des Toastings, verschiedene Farbtöne und Röstaromen in die Spirituose. Auch das Alter des Fasses spielt eine Rolle: Ein neues, ungebrauchtes Fass wie z.B. ein Bourbonfass gibt in relativ kurzer Zeit sehr viele kräftige und leicht lösliche Aromen ab, während ein altes, gebrauchtes Sherryfass nur noch subtile und schwer lösliche Aromen abgibt.
Interaktive Reifung
Als interaktive Reifung wird das Ergebnis der sich gegenseitig beeinflussenden Prozesse während der Herstellung und der Reifung bezeichnet. Zu den Faktoren, die die interaktive Reifung beeinflussen zählen unter anderem die Art und Herstellung des zu reifenden Destillats, die Grundstoffe, aus denen es hergestellt wird und das verwendete Wasser, die Art des Brennvorgangs, das Umgebungsklima, die Fassgröße und -sorte, die Reifedauer und viele anderen Faktoren mehr und zwar sowohl einzeln als auch im Zusammenspiel der Faktoren miteinander.
Toasting und Belegung
Ein weitere wichtiger Faktor für das spätere Aroma im Whisky ist das Toasting und die Belegung.
Als Toasting bezeichnet man die Behandlung der Innenwände eines Fasses mit offenem Feuer. Diese Behandlung hat zum einen verarbeitungstechnische Gründe: Die starren Holzdauben werden durch die Hitzeeinwirkung des Feuers biegsam und lassen sich so erst zu einem bauchigen und runden Fass biegen.
Zum anderen werden die Fässer jedoch auch getoastet, um später, Geschmack, Farbe und Aroma an die Spirtuose abzugeben. Beim Toasting wird die vorhandene Zellulose des Holzes zu Holzzucker aufgespalten und es findet eine Art Karamellisierungsprozess statt. Bei der späteren Lagerung gibt das Fass dann dieses „Holzkaramell“ an den Whisky ab und verleiht ihm Farbe, Aroma und Geschmack. Je nach Stärke des Toastings variiert die Farbe des Whiskies dann von hellem Bernstein bis zu beinahe kaffeebraun und Geschmack und Aroma von leichten Vanille- und Karamellaromen bis hin zu kräftigen Aromen von Kaffee, dunkler Schokolade oder Lakritze.
Auch die (Vor-)Belegung des Fasses hat einen großen Einfluss auf Geschmack und Aroma des Whiskies. Als Belegung bezeichnet man in der Fachwelt die alkoholische Flüssigkeit, mit der das Fass befüllt wurde, bevor Whisky – oder eine andere Spirituose – darin gereift wurde. Wenn der Whisky also in ein Eichenfass gereift wird, in dem vorher Sherry lagerte, ist das Fass mit Sherry vorbelegt, wenn es ein früheres Bourbon- oder Madeira-Fass war, spricht man von einer Vorbelegung mit Bourbon bzw. Madeira. Manchmal werden auch Bezeichnungen wie Ex-Sherry-, Ex-Bourbon- oder Ex-Madeirafass verwendet.
Die Vorbelegung ist ebenfalls Teil der späteren Aromen und des Geschmacks, denn die charakteristischen Aromen und Geschmäcker der Vorbelegung, die sich noch im Fass befinden, gehen in den späteren Whisky über. Ein Whisky aus einem Ex-Bourbonfass bekommt also zum Beispiel malzige und karamellartige Noten, ein Whisly aus einem Ex-Sherryfass fruchtige Noten.
Bei Scotch Whisky war es früher üblich, diese hauptsächlich in Ex-Bourbonfässern zu lagern und zu reifen. Denn in den USA ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass Bourbon nur in neuen, ungebrauchten Eichenfässern gelagert werden darf. Die einmalig benutzten Fässer mussten dann von den amerikanischen Bourbonbrennereien entsorgt oder günstig weiterverkauft werden. Die schottischen Brenner dagegen, die sich nie ein günstiges Geschäft entgehen ließen, kauften ganze Schiffsladungen der günstigen gebrauchten Bourbonfässer auf und füllten ihren Whisky darin ab. Ähnliches, wenn auch in weit geringerem Umfang, taten sie dies auch mit gebrauchten Cognacfässern aus Frankreich oder Sherryfässern aus Spanien.
Alternativen zur Fasslagerung bei Whisky und anderen Spirituosen
Als Alternative zur Fasslagerung, vor allem im Hobbybereich, haben sich spezielle Holzspäne bewährt, mit dem auch Hobbybrenner ihre Kleinmengen an Sprit aromatisieren können, so dass sie fast wie die „Großen“ schmecken. Diese werden ganz einfach in die Flasche mit dem frischgebrannten oder gekauften neutralen Sprit gegeben und bleiben dann für einige Wochen, Monate oder sogar Jahre darin. Während dieser Zeit geben die Späne Farb-, Aroma- und Geschmacksstoffe an die Spirituose ab und verwandeln das klare, durchsichtige Destillat in einen leckeren Whisky, Brandy oder Obstler.
Wie auch die großen Eichenfässer sind die Holzspäne fast überwiegend aus Eichenholz. Je nach Verwendungszweck und gewünschtem Ergebnis gibt es sie in unterschiedlich starken „Toastungen“.